Podcasts und Blogs

Braucht man ergänzend zu einem Podcast auch ein Blog? Diese Frage warf Gordon in seinem Podcast auf und ich wusste nicht, warum sich diese Frage überhaupt stellt, aber dann ging mir ein Licht auf.

Ich hatte mich in der Vergangenheit ja schon einige Male1 2 darüber ausgelassen, dass ich die Entwicklung von offenen Podcasts hin zu geschlossenen Plattformen als kritisch betrachte.

Ich beobachte diese Entwicklung weiterhin kritisch und freue mich jedesmal, wenn ich feststelle, dass ich nicht der Einzige bin, dem das so geht3.

Vor ein paar Tagen habe ich mal wieder beim Gordon in den Podcast4 reingehört und hatte dort einen weiteren Nebeneffekt dieser Wanderung zu den Plattformen bemerkt, über den ich bisher nie nachgedacht habe.

Die Frage, die in der Episode beantwortet wurde, lautet: "Brauche ich ein Blog für einen Podcast?"

"Hä?", dachte ich. Wieso stellt sich denn die Frage überhaupt? Ich hörte weiter zu und mir ging ein Licht auf. Natürlich stellt sich die Frage! Und Schuld daran sind die Plattformen und Podcast-Dienste!

Früher™️

Ich hätte mir diese Frage niemals gestellt, denn ich komme noch aus einer anderen Zeit des Podcastens. Wir haben bereits 2001 Radio-On-Demand gemacht und sind dann später recht früh mit einem Podcast am Start gewesen. Und damals gab es nur einen Weg, um einen Podcast zu starten: Die eigene Webseite.

Wir richteten einen Bereich auf unseren Webseiten ein, in dem wir den Podcast veröffentlichten, oder richteten extra für den Podcast eine neue Seite ein. Es gab spezielle CMS für Podcasts und später dann Plugins für WordPress, die wir nutzen. Aber immer war der Aufbau gleich: Podcasts funktionierten wie Blogs, hatten nur als Ergänzung eine Audiodatei angehangen.

Für uns war das ganz logisch. Wir hatten alle schon einen oder mehrere Blogs und wir starteten dann unsere Podcasts. Natürlich funktionierten diese Podcasts auf unseren Seiten wie Blogs. Wir schrieben einen Text und dann luden wir die Audiodatei hoch. Und selbstverständlich lief das alles über unseren RSS-Feed. Weil Podcasts so nun mal funktionierten und weil auch jedes Blog - selbstverständlich - einen RSS-Feed hatte! (Und wehe man war so frech, die Posts im RSS-Feed nur anzureißen und nicht vollständig auszugeben!)

Heute

In der Zwischenzeit ist mit Podcasts das passiert, was auch schon mit den Blogs passiert ist: Es wurde entdeckt, dass man sie als Marketingkanal nutzen oder anderweitig damit Geld verdienen könnte.

Eine Sache, die damals bei den Blogs dafür gesorgt hat, dass viele private Blogs verschwunden sind und dass viele heutige Blogs nicht mehr so offen und vernetzt sind, wie sie es sein könnten. Aber das ist vielleicht mal einen anderen Beitrag wert.

Bei Podcasts sorgt diese Erkenntnis dafür, dass immer mehr Menschen einen Podcast starten, was bedeutet, dass eine immer größere Gruppe dieser Menschen sich nicht mit der Technik dahinter auskennt (auskennen will).

Das ist auch vollkommen okay, führt aber wiederum dazu, dass diese Leute dann eben keinen Podcast auf der eigenen Seite starten, sondern zu Podcast-Dienstleistern gehen, die ihnen einen Adminbereich bieten, in denen sie Audiodateien hochladen können und wo am Ende dann ein RSS-Feed, im besten Fall noch eine Übersichtsseite bei raus purzelt.

Diese Podcasts sind also vollkommen losgelöst von der eigentlichen Webseite! Wir brauchen gar nicht darüber reden, wie viel Potential damit verschenkt wird, aber so wird klar, warum sich die Frage überhaupt stellt.

Ein Podcast findet nicht mehr auf der eigenen Webseite statt. Und diese Menschen versuchen nun ihren Podcast auf ihrer eigenen Webseite zu repräsentieren. Das wirkt für Menschen wir mich dann ein wenig absurd (na gut, ziemlich).

Das Abwandern auf Plattformen und zu Dienstleistern sorgt nun dafür, dass man das ursprünglich "Podcast-Verhalten" quasi versucht nachzubauen. Indem man ein Blog zum Podcast startet, das auf der eigenen Webseite läuft. 🤯

Es gäbe übrigens auch dafür eine Lösung ohne viel Arbeit (mehr dazu weiter unten).

Eine mögliche Lösung

Lasst uns alle mal kurz inne halten…

Ich weiß, dass das utopisch ist und nicht passieren wird, aber wir sollten uns alle mal bewusst werden, was da gerade wieder passiert. Wir lassen gerade wieder zu, dass Plattformen Kontrolle über unsere Inhalte erlangen, wir verschließen eine offene Technologie und dann versuchen wir diesen offenen Aspekt mehr schlecht als recht nachzubauen.

Wir verschenken massiv Potential was ein offenes und vernetztes Web angeht. Wir haben diese ganzen Werkzeuge vor uns liegen und sie sind lange nicht mehr so kompliziert wie früher.

Wir sollten unsere Webseiten wieder öffnen, langfristig werden wir davon profitieren.

PS: Lieber Gordon, von deiner Webseite aus könnte ich deinen Podcast nicht abonnieren, weil du mir keinen Link zum RSS-Feed anbietest. Das wäre schon ein erster Schritt zu mehr Offenheit.

PPS: Liebe Podcaster, die ihr Dienstleister nutzt: Euer Dienstleister liefert euch einen RSS-Feed und mit einem Plugin für euer CMS könntet ihr diesen Feed nehmen und dessen Einträge bei euch auf der Seite als Beiträge anzeigen lassen! Das wäre auch schon mal wieder ein einfacher, erster Schritt zu mehr Offenheit.

PPPS: Ich habe übrigens ein Podcast-Plugin5 für das Kirby-CMS geschrieben, dass es euch ganz einfach macht euren bestehenden Podcast zu importieren. Ich weiß aber, dass das CMS für die meisten dieser Podcaster ungeeignet ist, weil sie jemanden bräuchten, der für sie die Seite entwickelt.

PPPPS: Ich hör ja schon auf…