Fokus
Das Internet hat mein Gehirn umprogrammiert und irgendwie gefällt mir das Upgrade nicht besonders.
Kennst du diesen Reflex? Man guckt einen Film und greift nur mal kurz zum Telefon und guckt, was so an Push-Nachrichten reinkam. Und fünf bis zehn Minuten später dann noch mal. Und noch einmal. Und noch einmal…
Wenn ich auf längere Texte im Netz stoße, ist mein erster Reflex, den Instapaper-Button zu drücken, um den Text später zu lesen. Denn für den Moment ist er wirklich viel zu lang. Selbstverständlich liegt die Wahrscheinlichkeit, dass ich den Text später noch lese bei etwa knapp über null Prozent.
Ich merke, dass ich beim Lesen von Büchern schneller müde werde. Ich scrolle lieber noch mal schnell über meine Twitter-Timeline und schnappe ein paar Informationsbrocken auf. Und vielleicht finde ich ein interessantes YouTube-Video, welches ich mir ansehe, für ungefähr fünf Minuten, bis mich wieder irgendetwas anderes ablenkt.
Erstaunlicher Weise, schaffe ich es immer noch, mich mehrere Stunden am Stück auf meine Arbeit zu konzentrieren. Also scheint mein Gehirn zumindest noch in Teilen wie früher zu funktionieren.
Den Fokus zurück gewinnen
Ich bin auf Entzug. Seit wenigen Tagen. Und ich muss gestehen, ich habe immer wieder Rückfälle. Ich versuche mein Gehirn darauf zu trainieren, diesem „Notification-Reflex“ nicht nachzugeben.
Ich schaue mir einen Film an und versuche währenddessen nicht aufs Telefon zu gucken. Du glaubst nicht, wie schwer das sein kann!
Eins nach dem Anderen
Eigentlich sollte es ja ganz einfach sein. Man tut eine Sache. Und nur diese. Leider macht unser Umfeld es uns nicht besonders leicht. Ständig piepst das Telefon, im Dock macht sich irgendein Programm bemerkbar. Neuerdings melden sich auch noch unsere Uhren und buhlen um unsere Aufmerksamkeit.
Die Frage, die ich mir gestellt habe ist: Wie hilft mir das weiter?
Welchen Vorteil habe ich von all den Push-Nachrichten auf meinem Telefon? In wie weit bin ich besser informiert, wenn ich während eines Films ständig aufs Telefon schaue?
Die Antwort ist ganz einfach: Ich habe nur in den seltensten Fällen einen Vorteil davon. Genauso schnell, wie ich zwischendurch aufs Telefon schaue, habe ich auch schon wieder vergessen, was ich da gerade für eine Information bekommen habe. In den wenigsten Fällen handelt es sich um eine wichtige oder dringende Information.
Also habe ich angefangen die Dinge anders anzugehen. Ich setze mich zwischendurch gerne mal hin und lasse mich ablenken. Aber ich mache das zu einer bewussten Handlung.
Danach kümmere ich mich wieder um etwas Anderes und nur darum. Ich lese einen Text, ich schreibe etwas, ich schaue mir ein Video an. Ich schreibe Quellcode, ich unterhalte mich mit jemandem. Ich trinke einen Tee oder esse etwas. Ich sitze in der Sonne und beobachte das Treiben um mich herum.
Das fällt mir schwer. Sehr schwer. Der Reflex twitter oder Instagram zu öffnen ist ständig da. Ich muss mich zurückhalten, nicht wieder die Messenger-App zu öffnen. Dennoch habe ich das Gefühl, kleine Fortschritte zu machen.
Ich meditiere seit Jahren und das leider sehr unregelmäßig. Ich habe Phasen da schaffe ich es jeden Tag und dann mache ich es wieder tagelang gar nicht. Trotzdem hilft mir meine „Erfahrung“ damit und mein Wissen darüber, worum es eigentlich geht, nämlich den Moment wertzuschätzen.
Das Gehirn ermahnen
Beim Meditieren geht es nicht darum, sich hinzusetzen und zu entspannen - im Gegenteil. Man setzt sich hin und konzentriert sich auf eine Sache, meist auf den Atem.
Gedanken werden kommen und gehen. Kaum versucht man sich zu konzentrieren, fallen einem all die Dinge ein, die man noch unbedingt erledigen muss. Darum ist die wichtigste Fähigkeit, die man sich aneignen muss, das Schaffen eines Bewusstseins für diese Gedanken. Man muss sich bewusst werden, dass und worüber man gerade nachdenkt. Sobald man das beherrscht, kann man dagegen steuern.
Beim Meditieren konzentriert man sich auf den Atem. Wenn man bemerkt, dass man beginnt über andere Dinge nachzudenken, versucht man den Fokus wieder zurück auf den Atem zu lenken. Das ist ein ewiges Hin und Her. Mit der Zeit werden die Abstände zwischen den Gedanken immer länger.
Das lässt sich auch auf den Alltag übertragen. Die wichtigste Fähigkeit ist hier auch das Bewusstwerden. Immer wenn man eine Sache tut und bemerkt, dass der Kopf abschweift, versucht man den Fokus wieder auf diese eine Sache zu lenken.
Das kann das Lesen eine Buches sein, oder das Schneiden von Gemüse fürs Essen.
Mach mit
Ich versuche das, was ich beim Meditieren gelernt habe, in den Alltag zu übertragen. Ich versuche mich auf eine Sache zu fokussieren und wenn ich merke, dass ich abschweife oder mich ablenken lasse, lenke ich meinen Fokus wieder auf diese eine Sache zurück - leichter gesagt als getan, aber kein Ding der Unmöglichkeit.
Ich lade dich dazu ein, bei meinem Experiment mitzumachen. Vielleicht geht es dir ähnlich wie mir. Lass mich wissen, ob du vorankommst, oder wann/womit zu Probleme hast.