How to Lose Money Online (Fast)
Zwei Bilder, viel Geld und einige Fragen. Warum ich abgemahnt wurde und Dir das auch passieren könnte.

Eine Sache, die mich stets aufs Neue nervös macht: ein Anstieg der Zugriffe auf das Impressum dieser Webseite. Was wollen die Leute da? Das kann nichts Gutes bedeuten!
In Deutschland haben wir eine Sache, die Menschen wie mich nervös macht: Abmahnungen. Eine Abmahnung ist ein "freundlicher" Hinweis darauf, dass etwas schiefgelaufen ist, auf eine Klage oder Ähnliches aber verzichtet würde, wenn eine gewisse Geldsumme gezahlt und das Schieflaufen abgestellt wird.
Ich hatte bereits zweimal das Vergnügen.
Ich achte eigentlich immer darauf, auf meiner Seite niemandem auf die Füße zu treten. Ich verzichte auf Cookies, wo es nur geht, keine fiesen Pop-ups und selbstverständlich verwende ich nicht einfach fremdes Bildmaterial auf meiner Seite, achte also aufs Copyright.
In der Vergangenheit habe ich schon so einigen Leuten gesagt, dass sie nicht einfach bei Google nach Bildern suchen und diese dann auf der eigenen Webseite benutzen können und eigentlich mache ich das natürlich auch nie – wäre da nicht …
Fall 1: Twitter
Meine erste Abmahnung flatterte ins Haus, nachdem ich meinen Twitter-Account abgeschaltet und mein Archiv hier auf der Webseite online gestellt habe. Ich bin das gesamte Archiv durchgegangen und habe alle Medien, die ich geteilt, aber nicht selbst erstellt habe, durch Platzhalter ersetzt.
Ich dachte eigentlich, ich hätte das sehr gewissenhaft gemacht und bin meine Tweets mehrfach durchgegangen, was bei über 15 Jahren Twitterdasein eine recht umfangreiche Aufgabe war.
Dennoch wurde ich durch eine Anwaltskanzlei in Auftrag einer großen Presseagentur abgemahnt. Ich hätte unerlaubterweise ein Bild von ihr verwendet. Hatte ich doch etwas übersehen?
Das "praktische" an diesen Abmahnungen ist, dass sie direkte Links zu den Seiten und Bildern enthalten, auf die man sich bezieht. In diesem Fall auf einen einzelnen Tweet im Archiv, der einen Screenshot enthielt. O-oh … auf dem Screenshot war der Ausschnitt einer Nachrichtenseite zu sehen; Titel, Teaser und Aufmacherbild einer Nachricht im Mittelpunkt.
Das Aufmacherbild auf diesem Screenshot stammte von dieser Presseagentur und wurde nun an- genauer gesagt abgemahnt. Verdammt!
So ganz sicher war (und bin) ich mir nicht. Ich hatte doch das Bild nicht direkt bei mir verwendet, es war Teil dieses Screenshots. Der Screenshot war auch recht alt, es war mehrere Jahre her, dass ich ihn bei Twitter gepostet hatte. Ich hatte aber offen gestanden auch keine große Lust, dem weiter nachzugehen, zahlte, löschte das Bild und wenig später auch das gesamte Archiv, weil mir das infolgedessen zu riskant war.
Fall 2: Open-Graph
Wahrscheinlich weißt Du, was ein Open-Graph-Image ist, oder?
Kurzer Exkurs: Wenn Du irgendwo einen Link teils, z. B. bei Mastodon, dann wird nicht nur dieser Link angezeigt, sondern Du siehst eine kleine Vorschau bestehend aus Titel, Teaser und oftmals auch einem Bild. Diese Informationen sind in Form von Open-Graph-Daten auf der Webseite hinterlegt.
Wenn Du Dir den Quelltext dieser Seite anzeigen lässt, wirst Du auch hier solche Daten finden:
<meta property="og:title" content="Do not show stuff - Maurice Renck">
<meta property="og:description" content="You see me here, sitting at the keyboard with red and blue fingers. I just gave myself a good slap on the fingers.">
<meta property="og:image" content="https://maurice-renck.de/en/blog/2025/do-not-show-stuff/og-image">
<meta property="og:image:width" content="1600">
<meta property="og:image:height" content="900">
Diese Daten sind im Header der Seite versteckt, werden nicht angezeigt, sondern sind dafür gedacht, dass z. B. Mastodon sie auslesen und nutzen kann:

Für mich als Webseitenbetreiber ist das eine gute Sache, weil ein reiner Textlink natürlich viel weniger auffällt als solch eine schöne Vorschau. Deshalb haben viele Webseiten diese Daten hinterlegt. Ich stelle für Kirby sogar ein Plugin bereit, welches so ein Bild erzeugt.
Teilst Du also einen Link zu einer Webseite bei Mastodon, Facebook, LinkedIn usw. ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass diese Dienste eine solche Vorschau erzeugen und anzeigen.
Ich mag außerdem Link- bzw Bookmark-Cards. Die kennst Du vielleicht von Medium oder Ghost, dort sind sie recht populär. Ein Link auf meine Webseite sieht dort dann so aus:

Wie man sieht, wird ein kleines Kästchen dargestellt und ähnlich wie bei Mastodon die Open-Graph-Daten ausgelesen und angezeigt. Dazu wird auch das Open-Graph-Image verwendet.
Das wollte ich auch gerne auf meiner Seite haben, hatte mir bereits vor Jahren ein Plugin geschrieben, was alle Links einer Seite aufruft und diese Open-Graph-Daten ausließt. Ich brauchte nur noch eine Möglichkeit, diese auch anzeigen zu können.
Dazu habe ich mir einen Kirbytag geschrieben, das eine URL mitbekommt, die gespeicherten Daten abfragt und dann so eine Card anzeigt. Aus:
( embed: https://maurice-renck.de/de/kirby/ogimage )
wird dann:

Schön, nicht wahr?
In meinen Notizen nutze ich diese Cards ständig. Ich unterteile meine Notizen in einfache Textnotizen und Bookmarks. Bookmarks haben immer einen Link und immer eine Link-Card.
In der langen Notizliste können viele Links auftauchen und damit die Seite nicht unnötig langsam wird und ich für jeden Link das Bild abfrage, verkleinere und cache ich es. Ein Open-Graph-Image ist etwa 1600×930 Pixel groß und damit viel zu groß für so eine kleine Vorschau.
Die aufmerksame Leserin wird ahnen, dass sich hier langsam das Drama entfaltet.
In meiner Linkliste hatte ich einen Beitrag der taz verlinkt, die Open-Graph-Daten ausgelesen und eine Card angezeigt, inkl. des hinterlegten Bildes, welches von der oben schon erwähnten Presseagentur bereitgestellt wurde.
Endlich mal wieder Post im Briefkasten!
Die nächste Abmahnung …
Wieder fein dokumentiert, um welches Bild in welchem Post es sich handelt. Also wieder Cache gelöscht und den Kirbytag so umgeschrieben, dass er zunächst nur noch das (fav)icon anzeigt.
Aber …
Ich habe Fragen
Ich verstehe, dass ich mit dem Cachen der Bilder (und dem damit einhergehenden Erstellen einer Kopie) wahrscheinlich zumindest eine Grauzone eröffnet habe, sehe aber, dass so ziemlich jeder der bereits genannten Dienste genauso vorgeht:


Auch hier wird verkleinert und zwischengespeichert, das sieht man an den Bild-URLs. Warum wird hier nicht massenweise abgemahnt?
Wenn eine Seite ein Bild als Open-Graph-Image definiert und es keine Lizenzierung gibt, die das Einbetten dieses Bildes in andere Seiten erlaubt, warum werde ich dann für die Nutzung bestraft und nicht die Betreiberin der Seite?
Nachrichtenseiten verwenden zu einem erheblichen Teil Bilder solcher Presseagenturen und definieren diese auch als Open-Graph-Image. Ich kann mir gut vorstellen, wie das abläuft: Im CMS setzt jemand ein Aufmacherbild und das System setzt es auch gleich automatisch als Open-Graph-Image. Wahrscheinlich ist das der Person nicht einmal bewusst.
Hier will ich niemandem Boshaftigkeit unterstellen, aber ist das nicht eine enorme Falle für alle, die Open-Graph-Daten anzeigen und dann dafür belangt werden können?
Einnahmequellen
Natürlich soll niemand einfach irgendwo beliebig Bilder (und andere Erzeugnisse) auf der eigenen Seite nutzen, ohne dazu berechtigt zu sein. Fotograf:innen sollen für ihre Arbeit gerecht bezahlt werden.
Wer sich technisch ein kleines bisschen auskennt, ist schnell in der Lage nachzuvollziehen, wie das alles überhaupt zustande kam.
Genutzt wurde in beiden Fällen der Dienst Pixray, wie sich schnell in den Logfiles ermitteln ließ. Dieser Dienst durchsucht scheinbar das Web für seine Kund:innen nach deren Bildern, woraufhin dann reagiert werden kann.
Ein kurzer Blick auf die Seite führte bei mir dazu, zu bezahlen und dem nicht weiter nachzugehen, denn dort wird klargemacht, dass Abmahnungen Teil des Geschäftsmodells sind. So heißt es dort:
You should have a clear goal for how much revenue you want to make from copyright enforcement this year, next year and in the years that follow.
Ich machte mir da also wenig Hoffnung auf eine andere Einigung. Vielleicht war ich das etwas voreilig, wer weiß.
Fazit
Das technische Fazit ist schnell erklärt: Keine Open-Graph-Images mehr anzeigen. Der Embed-Kirbytag wurde so umgebaut, dass er diese Bilder nicht mehr anzeigt, es sei denn, ich erlaube dies explizit über einen Parameter, oder die URL gehört zu einer Liste von Seiten, bei denen das okay ist.
Abseits der technischen Umsetzung finde ich das alles weiterhin fragwürdig und wundere mich darüber. Vermutlich ist das eine Grauzone und da auf meiner Seite ein leicht zu findendes Impressum vorhanden ist, kann man mich leichter belangen als einen anonymen Mastodon-Account.
Ich würde allerdings behaupten, dass ein Großteil aller Webseitenbetreiber:innen davon ausgeht ein Open-Graph-Image auch als solches nutzen zu dürfen. Dieses Bild wird explizit dafür ausgewiesen, beim Teilen angezeigt zu werden. Und niemand wird für eine kleine Vorschau ein fast 2000px breites Bild verwenden – hoffe ich zumindest.
Wenn ich diese Daten nutze, müsste ich also ab sofort bei jedem Link erst recherchieren, ob die Rechte für das Bild überhaupt freigegeben wurden, oder ob ich sie bei z. B. der Presseagentur erwerben müsste.
Das führt, meiner Meinung nach, das Auszeichnen eines Bildes als Open-Graph-Image ad absurdum.
Vielleicht verstehe ich das alles auch falsch, ich bin kein Jurist.
Die Abmahnungen sind alle schon mehrere Monate her und ich wollte diesen Text nicht aus einer genervten Stimmung heraus schreiben. Die Schlüsse daraus habe ich gezogen, viele Fragen bleiben offen – und vielleicht ist dieser Text eine gute Warnung an alle, die eine ähnliche Funktionalität auf ihrer Webseite haben.
Meine Open-Graph-Daten, inklusive der Bilder, dürft ihr übrigens gerne benutzen. Sie stehen entweder unter einer entsprechenden Lizenz oder wurden von mir oder programmatisch erzeugt.
Wer weniger Fragen und mehr Antworten hat als ich, darf gerne einen Kommentar hinterlassen, ich freue mich über den einen oder anderen Aha-Moment.
Kommentar schreiben