Internet-Helden: Karl, Boris und Kimble
Kaum ein Medium vermag so viele Helden und Mythen zu schaffen, wie das Internet. Hacker, Cracker, Robin Hoods oder Kapitalisten. Alle sind sie in Netz-Geschichten zu finden - dabei sind die meisten gar nicht so heldenhaft. Eine Serie von Maurice Renck. Der erste Teil über Hacker im Allgemeinen und Kim Schmitz, Karl Koch und Boris F. im Besonderen.
Einige dieser Mythen halten sich immer noch, leben seit Jahrzehnten weiter, andere Mythen ließen ihre Helden von einem auf den anderen Tag erbärmlich im Spott der Gemeinde versinken, andere wiederrum wurden einfach vergessen.
Das Internet schafft seine eigenen Helden
Was im "echten" Leben da draußen wagemutige Feuerwehrmänner sind, die unter Einsatz des eigenen Lebens kleine Kinder aus Brunnenschächten bergen, sind im Internet die Hacker. Sie sitzen in abgedunkelten Räumen, ihr Gesicht wird nur von ihren Monitoren angeleuchtet. Auf den Monitoren sind kryptische Zeilen zu sehen, die kaum ein Mensch zu verstehen vermag. Um den Schreibtisch türmen sich Coladosen und Pizzaschachteln. So sieht sie aus, die Spezies Hacker; so wird es uns zumindet suggeriert.
In Wirklichkeit sieht das natürlich anders aus. Zunächst sei einmal der Unterschied zwischen Hackern und Crackern genannt. Bis heute wird darüber gestritten wer was ist. Im englischen Buch "Hackers" von Steven Levy wird der Ursprung des Wortes wie folgt erklärt: Am MIT standen den Stunden u.a. eine PDP-1, ein Computer in der Größe eines Wandschranks zur Verfügung. Der Programmcode wurde damals per Lochkarten eingelesen. Um diese Lochkarten zu erstellen verwendete man eine Art Schreibmaschine. Diese war so schwer zu bedienen, dass man regelrecht auf die Tasten einhacken musste. Und so wurde das Wort Hacken zum Synonym für Programmieren.
Über die Jahre hinweg ist dieser Begriff, nicht ohne die Schuld der Medien, immer weiter verschwommen. Heute ist jeder der in einem Computer einbricht ein Hacker. Dabei handeln Hacker nach dem sogenannten Hackermanifest. "Freie Informationen für alle", heißt es dort. Oberstes Gebot: Hacke nie zu deinem eigenen Nutzen, sondern immer für die Allgemeinheit und: Hacke niemals um zu zerstören. All die, die sich nicht an diese Regelungen halten werden meist Cracker genannt. Wenn jemand also ein Sicherheitloch entdeckt und dieses öffentlich macht, so spricht man von Hacker, behält er das Wissen für sich und nutzt es aus, so spricht man von Cracker. Aber kommen wir doch zurück zu den Internethelden.
Nicht alle dieser Helden leben in Amerika und werden von CIA gejagt, auch in heimischen Gefilden gab und gibt es Internethelden. Das populärste Beispiel ist wohl Kim Schmitz, besser bekannt als Kimble.
Kimble, legends may sleep
Die selbst ernannte Legende hat als Superhacker auf sich aufmerksam gemacht. Ehemals in der Unterwelt des Internet das Telefonnetz geknackt, dann aber zur guten Seite gewechselt. Kim Schmitz versprach mit dem Unternehmen Dataprotect Kunden vor Hackern zu schützen. Dabei ließ sich der vollschlanke Internetheld entsprechend feiern. Auf seiner Webseite zeigte er der ganzen Welt seine Reichtümer: Privatjet, Jacht, teures Auto und jede Menge hübscher Frauen. Was vorallem viele Jugendliche beeindruckte stieß einem Teil der Hackerszene sauer auf.
So wurde Kimbles Seite mehrmals hintereinander gehackt. Kimble hingegen spielte das Ganze herunter. Immer öfter aber kamen Wahrheiten an den Tag und es schien als sei Kimble besonders gut darin Tatsachen so zu verdrehen, dass er ein Vorteil davon hatte. Beispiele gefällig?
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Nach dem Hack seiner Homepage behauptete Kimble, dieser wäre leicht gewesen, da die Sicherheitslücke bekannt gewesen sei. Das die Seite innerhalb weniger Stunden zwei Mal gehackt wurde, davon ist nichts gesagt worden.
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YIHAT - eine Hackergruppe zu dessen Mitgliedern auch Kimble zählte, kämpft an der Seite der USA gegen Terroristen. Die USA dementiert dies später.
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Kimble überweist Greenpeace, nach einem Hack in einen Bankrechner, 20 Millionen Mark. Nur Greenpeace weiß nichts davon und hat bis heute diese 20 Millionen nicht finden können.
Kim Schmitz alias Kimble war vorallem für viele Jugendliche und noch mehr für die Medien, der deutsche Internetheld. Nachdem aber immer mehr Wahrheiten an das Tageslicht kamen und es schließlich hieß Kimble ist pleite, schossen eben diese Medien gegen ihn. Nach seiner Gefängnisstrafe wegen Insiderhandel versucht er nun mit Trendax Geld zu verdienen. Mit dieser technischen Innovation soll man ohne viel zu tun viel Geld verdienen können. Das soll mittels künstlicher Intelligenz, genetichen Allgorythmen und einem neuronalen Netz funktionieren (welches bei der Programmierung von künstlicher Intelligenz das "Gehirn" darstellt).
Ob Kim das noch jemand abkauft ist fraglich. Fakt ist, für die meisten ist Kimble gestorben, das Kimpire nach seinem virtuellen Suizid genauso lächerlich wie die damalige benennung der Firmen wie Dataprotect als Kimpany (bei einem Firmenanteil von etwa 20 Prozent). Für viele junge Leute wird er aber weiterhin der große Hacker, ein Held des Internets sein.
Karl Koch und Boris F. - der Mythos lebt weiter
Sie sind die wahren deutschen Helden, Karl Koch, alias Hagbard Celine und Boris F. alias Tron. Beide sind auf mysteriöse Art und Weise gestorben. Karl Koch, dessen Leben im Film 23 verewigt wurde starb am 23.5.1989. Sein Nickname Hagbard Celine kam nicht von ungefähr, laß er doch das Buch Illuminatus von Anton Wilson. Das Buch handelt von den Orden der Illuminaten, eine zentrale Rolle in dem Buch spielte eben dieser Hagbard Celine.
Angespornt von der 23, der Zahl der Illuminaten machte Karl Koch sich auf die Suche nach Zusammenhängen von Ereignissen und den Illuminaten. Das Buch (welches man natürlich immer noch kaufen kann und auf jeden Fall mal gelesen haben sollte) begleitet Karl durch seine ganze, bekannte Geschichte. Ihm wurden Kontakte zum KGB nachgesagt was seinen Tod, am sicherlich nicht zufällig gewähltem Datum, so mysteriös macht.
Anders als bei Boris F. kann man bei Karl Koch aber stark von Selbstmord ausgehen. Hatte Karl doch bereits eine Therapie begonnen um seinem Drogenkonsum in den Griff zu bekommen.
Boris F. - um seinen Tod ranken Legenden und Mysterien
Boris F. besser bekannt als Tron war ein wahrer Meister der Hackkünste, wobei er sich aber besonders mit Hardware befasste. Er war es, der eine Karte "bastelte" mit der man PayTV-Sender, wie z.B. Premiere entschlüsseln konnte. Sein wohl bekanntestes Werk war ein ISDN-Telefon mit Verschlüsselung, d.h. die Sprachdaten wurden verschlüsselt über das Telefonnetz übertragen. Auch sein GSM-Hack sorgte für Aufsehen. Er war der Erste, der die kleinen Handykarten geknackt hatte und Daten vom Chip lesen konnte. Diese Hacks sorgten nach seinem Tod für zahlreiches Gerede.
Hatte man Tron getötet, weil er zu viel wusste? Was waren das für Männer mit denen er sich kurz vor seinem Tod getroffen hat? Letztendlich schloss man auf seinen Selbstmord, dennoch Freunde konnten sich dies nicht vorstellen. So ist bis heute nicht eindeutig sicher, was im Oktober 1998 in dem berliner Waldstück passierte, in dem man in erhängt fand.
Schlusswort
Wer nun wirklich ein Held ist, dass muss jeder für sich entscheiden. Die meisten der hier genannten Personen werden von den einen verehrt und von den anderen gehasst. Auf jedenfall haben diese Menschen, zumindest digital, für viel Aufsehen gesorgt und sorgen immer noch dafür. Und zumindest Karl Koch und Boris F. werden weiter ihre Mythen hinter sich herziehen, nicht nur im Netz.